Perfektionismus ablegen – 5 Tipps
Leistungsbereitschaft und das Streben nach großen Zielen sind positive Eigenschaften. Doch was können wir tun, wenn unser Hang zum Perfektionismus überhandnimmt und belastend wird?
Inhalte im Überblick
Was ist Perfektionismus?
Bevor wir uns an die Tipps zum Ablegen von Perfektionismus machen, wollen wir herausfinden, was Perfektionismus überhaupt ist und was ihn verursacht.
Wir unterscheiden dabei in zwei Ausprägungen, die wir folgend genauer betrachten:
- Dysfunktionaler Perfektionismus
- Funktionaler Perfektionismus
Dysfunktionaler Perfektionismus
Der Übergang zwischen den beiden Ausprägungen ist fließend. Wobei dysfunktionaler Perfektionismus als die ungesundere Variante gilt.
Betroffene knüpfen hierbei ihren Selbstwert an ihre Leistungen. Das ist in dem Sinne problematisch, als dass sie sich überhöhte (zumeist unrealistische) Ziele setzen und nur zwischen „erfolgreich erreicht“ oder „nicht erreicht“ unterscheiden. Abstufungen zwischen den beiden Extremen nehmen dysfunktionale Perfektionist:innen nicht wahr. „Alles oder nichts“ ist die Devise.
Betroffene setzen sich entsprechend selbst unter einen hohen Leistungsdruck und streben verstärkt nach Anerkennung. Sie haben große bis panische Angst davor Fehler zu machen. Das kann zu einem Aufschieben von Aufgaben führen (Prokrastination), um dem möglichen Scheitern auszuweichen.
⚡ Warnzeichen für dysfunktionalen Perfektionismus
- Dauerstress und keine Bewältigungsstrategien dafür
- Prokrastination
- Ständige Unzufriedenheit bis hin zu Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen oder Burn-Out
- Sehr schlechter Umgang mit negativem Feedback oder Nicht-Erreichen von Zielen
- „Kleinreden“ von erreichten Zielen
- Starke Bindung des Selbstwerts an eigenen Leistungen und positives Feedback von Anderen
Das gilt in der Karriere wie im Privaten. Erst wenn wir aus vagen Vorstellungen oder Träumen, konkrete Ziele formulieren, sind wir in der Lage für uns richtige Entscheidungen zu treffen.
Wenn wir nie festgelegt haben, was wir wollen, dann wissen wir nicht, ob uns ein Jobangebot oder die Übernahme eines Projekts näher zu unserem Ziel bringt oder weiter davon entfernt. Entsprechend schwer tun wir uns mit dem Entscheiden.
Funktionaler Perfektionismus
Auch wenn es bis jetzt so wirkt, als dass Perfektionismus grundsätzlich schlecht sei, so ist das nicht der Fall. Der Grad des Strebens nach Perfektionismus bestimmt die negativen Auswirkungen auf unser Leben.
Ein perfektionistisches Streben in Form von funktionalem Perfektionismus hilft dabei, uns anzuspornen erfolgreich zu sein und unseren Alltag bestmöglichst zu bewältigen.
Ein Fehler oder das Nicht-Erreichen von gesetzten Zielen hat bei funktionalen Perfektionist:innen einen geringeren Einfluss auf den eigenen Selbstwert. Scheitern und Nicht-immer-perfekt-sein wird als normaler Bestandteil des Lebens verstanden und akzeptiert.
Ursachen für Perfektionismus
Wie so häufig können sich die Auslöser für den eigenen Hang zum Perfektionismus in der Kindheit, unsere Persönlichkeit und den Ansprüchen der heutigen Gesellschaft finden lassen.
Je nachdem wie unsere Kindheit war, konnte Perfektionismus ein Lösungsansatz darstellen:
- Perfektionismus für ein Gefühl von Kontrolle nutzen, z. B. wenn durch wichtige Bezugspersonen keine Erwartungen oder Richtlinien vorgegeben werden
- Perfektionismus von Bezugspersonen als Rollenvorbild kopieren
- Perfektionismus, um (überhöhten) Ansprüchen der Bezugspersonen gerecht zu werden
Wir sehen: es gibt nicht eine einzige Situation oder Begebenheit, die Perfektionismus hervorruft. Viel hängt von der eigenen Persönlichkeit und weiteren sogenannten Umweltfaktoren ab.
Laut einer Meta-Analyse (also dem Auswerten vieler Studienergebnisse innerhalb einer großen Analyse) sind heute mehr Menschen als noch vor der Jahrtausendwende von einem starken Bestreben nach Perfektionismus betroffen. Mögliche Ursachen dafür können sein:
- Mehr Konkurrenz und Leistungsdruck innerhalb der Gesellschaft
- Permanenter Vergleich durch soziale Medien
- Steigende Bedeutung des sozialen Rangs
5 Tipps gegen Perfektionismus
Nachdem wir jetzt wissen, welche Perfektionismus-Formen es gibt und woher er kommt, machen wir uns an die Tipps, mit denen wir ihn ablegen können.
Tipp 1: Realistisch werden
Der innere Druck, den Perfektionismus auslöst, kommt vor allem daher, dass wir probieren einem unrealistischen Idealbild gerecht zu werden. Lasst und damit aufhören!
Hier hilft es konkret, die eigenen Ziele zu hinterfragen:
- Sind sie realistisch?
- Warum sind sie notwendig?
- Entsprechen sie meinen Werten?
- Muss ich ALLE erreichen oder gibt es einige wichtige?
- Was passiert (realistisch gesehen! 😊), wenn ich ein Ziel nicht erreiche?
Nachdem wir das getan haben, können wir unsere Ziele priorisieren und Mini- und Maximalanforderungen an unsere Ziele stellen. Damit sind wir direkt beim nächsten Tipp.
Tipp 2: Den Raum zwischen Misserfolg und Erfolg anerkennen
„Alles oder nichts“ hört sich für Perfektionist:innen im ersten Moment intuitiv richtig an, bringt uns aber nicht aus dem Perfektionismus.
Zwischen Erfolg und Misserfolg sind einige Abstufungen möglich. Diese wollen wir für uns nutzen.
Zum einen, indem wir unsere Ziele in Mini- und Maximalziele unterteilen. Wenn wir vorab festlegen, was wir mindestens erreicht haben wollen, dann fällt es uns leichter einen Teil-Erfolg als das anzusehen, was er ist – und nicht als Scheitern.
Zum anderen, indem wir uns nicht in Details verlieren. Viele von uns kennen das Pareto-Prinzip, das besagt, dass 80% des Ergebnisses aus 20% der Arbeit resultieren. Gerade für Perfektionist:innen ist es ratsam sich das in Erinnerung zu rufen und bei der Zielverfolgung zu beachten.
Tipp 3: Am eigenen Selbstwert arbeiten
Wie beschrieben, machen dysfunktionale Perfektionist:innen ihren Selbstwert stark von ihren Leistungen und der Anerkennung von anderen Menschen in ihrem Umfeld abhängig.
Auch wenn es sich anfangs unmöglich anfühlt: Wir können lernen unseren Selbstwert unabhängig davon zu betrachten.
Wie das am besten funktioniert, haben wir in diesem Blogartikel zusammengefasst:
>> Selbstwertgefühl stärken – so klappt es!
Tipp 4: Kritikfähigkeit verbessern
Jeder Mensch und besonders Perfektionist:innen würden gerne alles richtig machen und niemals negatives Feedback bekommen.
Inzwischen wissen wir: niemals Fehler zu machen (und deswegen auch niemals negatives Feedback zu bekommen) ist unrealistisch.
Was realistisch ist: lernen unsere Kritikfähigkeit verbessern. Auch hierzu haben wir schon einen zusammenfassenden Blogartikel geschrieben:
>> Kritikfähigkeit verbessern
Tipp 5: Stressmanagement lernen
Wenn wir immer alles perfekt machen wollen, stellen wir im professionellen und privaten Kontext hohe Ansprüche an uns. Das führt zu Stress – wer hätte das gedacht? 🙃
Stressmanagement ist somit eine wichtige zu erlernende Skill für Perfektionist:innen.
Wobei wir gerade, wenn wir unter unserem Hang zu Perfektionismus leiden, anfangs Schwierigkeiten haben werden uns aktiv Pausen zu nehmen und so unseren Stress zu managen.
– Entweder weil wir denken, dass wir sie uns erst verdienen müssen, oder weil wir auch in unserer Freizeit perfekt sein wollen.
Ein ausführlicher Artikel zum Stressmanagement folgt. Was wir heute schon machen können ist: unseren Kalender verschlanken.
Ähnlich wie bei unseren Zielen können wir auch in unserer Freizeit schauen, was uns am wichtigsten ist und was „Add-ons“ sind. Entsprechend dürfen wir planen und uns dabei Freiräume für spontane Ideen lassen.