Ängste überwinden – wie funktioniert das?
Angst – jeder kennt sie, niemand liebt sie. In diesem Artikel zeigen wir auf, was hinter unserer Angst steckt und wie wir Alltags-Ängste überwinden können.
Inhalte im Überblick
Warum haben wir Angst?
Angst ist die Antwort unseres Körpers auf eine aktuelle oder bevorstehende Situation, von der eine (potentielle) Bedrohung ausgeht. Dabei ist unsere Angst als sinnvoller Schutzmechanismus zu verstehen. Sie sorgt für eine schnelle Reaktion zur Flucht oder Bekämpfung der Auslöser-Situation.
Wir können zwischen diesen Typen von Ängsten unterscheiden:
- Evolutionär bedingte/angeborene Angst
Hierunter fallen Ängste, die in der Entwicklung der Menschheit das Überleben eines einzelnen positiv beeinflusst haben. Zum Beispiel: die Angst vor großen Höhen, unvorhersehbaren Bewegungen, Schmerz, Blut, manchen Tieren oder dem Ausschluss aus der Gruppe
- Angst durch Beobachtung oder negative Erfahrung
Ängste wie zum Beispiel die Angst vor Mäusen oder Ratten (als mögliche Krankheitsüberträger) sind antrainiert durch die Beobachtung unserer Mitmenschen. Hierunter fallen auch Ängste, die wir durch negative Erfahrungen in der Vergangenheit entwickelt haben. Zum Beispiel: das Sprechen vor einer großen Gruppe.
- Angst durch (psychische) Erkrankungen, Drogen-/ Medikamentenmissbrauch
Ängste, die durch (psychische) Erkrankungen, den Missbrauch von Drogen und Medikamenten hervorgerufen werden, beleuchten wir in diesem Blogartikel nicht weiter. Eine erste Anlaufstelle für kompetente Hilfe ist hier verlinkt.
Angst ist eine Emotion, die wir – auch wenn wir uns das manchmal wünschen – nie zu 100% auflösen werden. Es geht vielmehr darum „Freundschaft mit der Angst zu schließen“. Also zu lernen, wie wir mit unseren Ängsten besser umgehen können. Dazu wollen wir als erstes verstehen, was in unserem Körper in Angst-Situationen passiert.
Was ist „Angst“?
Gedankliche Komponente
Sobald unser Unterbewusstsein einen Reiz wahrnimmt, den es als für uns gefährlich einstuft, löst es eine Angst-Reaktion aus. Das geschieht automatisch und innerhalb von Millisekunden. Unser Körper reagiert dann mit folgenden Reaktionen.
Körperliche Reaktion
Durch die gedankliche Einstufung „Angst“ kommt es in unserem Körper zu diesen Reaktionen:
- Die Adrenalinausschüttung wird erhöht 📈
- Der Herzschlag beschleunigt sich 💓
- Unsere Muskeln spannen sich an 💪
Das alles dient dazu, unsere Sinne zu schärfen und auf das volle Kraftpotential in unserem Körper zurückzugreifen. Wir alle kennen die Geschichte vor dem Säbelzahntiger, vor dem unsere Vorfahren vor Jahrtausenden fliehen mussten. Heute treffen wir seltener auf Raubtiere, die der Auslöser für die als gefährlich wahrgenommen Situationen und damit für unsere Angst sind. Nichtsdestotrotz bleibt unsere körperliche Reaktion die gleiche.
Begleitet werden diese körperlichen Reaktionen mit Symptomen wie zum Beispiel Schwitzen, Zittern und weichen Knien.
Zeitgleich zur automatisch ausgelösten Reaktion unseres Körpers, gelangt die „Angst-Meldung“ auch in unsere bewussten Gedanken und bringt uns damit zur letzten Komponente der Angst: unserem daraus resultierenden Verhalten.
Verhaltenskomponente
Nachdem die ersten beiden Komponenten so schnell und unterbewusst ablaufen, dass wir sie nicht steuern können, kommt es bei der dritten Komponente zur aktiven Bewertung der Situation.
Unser Bewusstsein entscheidet, ob die Angst gerechtfertigt ist, oder ob es sich um einen Fehlalarm handelt. Je nachdem was die Antwort ist, wird unser Verhalten entsprechend angepasst. Entweder bleiben wir in der angespannten Kampf- oder Flucht -Reaktion unseres Körpers (auch bekannt als Fight/Flight-Reaktion) oder die Entspannung wird eingeleitet.
Problematisch wird es, wenn wir es nicht mehr schaffen uns aus der Anspannung zu bringen, sondern in einem dauerhaften Angstzustand bleiben oder uns immer mehr in unserer Komfortzone einnisten.
Ab wann ist das Behandeln von Ängsten sinnvoll?
Vorrübergehende Ängste im Alltag zu haben ist normal. Auch wenn wir heute seltener einem gefährlichen Raubtier als Angstauslöser gegenüberstehen, so finden wir andere Dinge, die uns Sorgen bereiten und unsere Angst-Reaktion im Körper auslösen.
Das alles sind Situationen, vor denen wir Angst haben können (und dürfen):
- Das Stehen an einem Abgrund
- Ein schwieriges Gespräch führen müssen
- Plötzliches Hupen beim Überqueren einer Straße
- Eine wichtige Präsentation halten sollen
- Eine Prüfung ablegen
- Zum ersten Mal ein Meeting leiten
Wie beschrieben: Unsere Angst ist vor allem ein Schutzmechanismus. In Prüfungssituationen führt eine mittlere Angst sogar zu besseren Leistungen (siehe dazu Yerkes-Dodson-Gesetz). Wir dürfen also Aufhören Ängste per se zu verteufeln und als etwas rein Schlechtes anzusehen.
Hier gilt es jedoch einen klaren Unterschied zwischen normalen Alltags-Ängsten und solchen Ängsten ziehen, die unseren Alltag so sehr beschränken, dass wir von Angststörungen zu sprechen haben.
Unter einer Angststörung leiden circa 25 Prozent aller Deutschen mindestens einmal in ihrem Leben. Hier kommt es zu einer übergroßen Angst-Reaktion auf objektiv betrachtet kleinen Auslöser. Ein Beispiel dafür ist die soziale Phobie, durch die Betroffene sich stark isolieren, um nicht in den Austausch mit anderen Menschen treten zu müssen (wenn du dich darin wiedererkennst, dann findest du hier Hilfe).
Die folgenden Tipps, um Ängste zu überwinden und aufzulösen, richten sich an unsere Alltags-Ängste.
4 Tipps zum Ängste auflösen
Tipp 1: Die Angst verstehen
Spätestens durch diesen Artikel wissen wir, dass unsere Ängste nicht primär dazu da sind, um uns einzuschränken, sondern um uns zu beschützen. Es geht folglich darum Ängste zu überwinden, indem wir sie verstehen und Freundschaft mit ihr schließen – anstatt so zu tun, als seien sie nicht da.
Dazu hilft es selbst-bewusster zu werden. Also uns – und in diesem Fall unsere Angst – besser kennenzulernen.
>> Hier geht’s zum Blogartikel: Selbstbewusstsein stärken – wirkungsvolle Tipps und Übungen
Um unsere Angst zu verstehen, ist es sinnvoll zu hinterfragen, warum sie da ist und vor was sie uns probiert zu beschützen. Wir wollen schließlich keine Angst vor der Angst entwickeln.
Tipp 2: Uns der Angst stellen
Neben dem ersten Tipp hat dieser den größten Einfluss darauf, unsere Ängste wirklich zu überwinden.
Konfrontation.
Das Problem: Unsere „Alltags-Angst“ wächst, wenn wir die Situationen umgehen, die Angst bei uns auslösen.
Eine Vermeidungsstrategie führt zwar zu einem kurzfristigen Erfolg. Mittel- und langfristig schürt sie die Angst jedoch. Sie beraubt uns nämlich einer wichtigen Erfahrung: dem Wissen, dass wir die angstauslösende Situation überstehen können. Unser Vertrauen in uns sinkt somit über die Zeit. Dabei ist gerade Selbstvertrauen so essenziell wichtig, um uns aus unserer Komfortzone zu trauen und schlussendlich unsere Ängste zu überwinden.
Wenn wir uns immer vor Präsentationen oder wichtigen Gesprächen drücken, dann haben wir zwar die kurzfristige Erleichterung, die das Umschiffen der Situation mit sich bringt. Doch selbstsicherer und mutiger werden wir dadurch nicht und sobald eine Situation kommt, die wir nicht umgehen können, liegen die Nerven blank.
>> Hier geht’s zum Blogartikel: Komfortzone verlassen – so geht’s
Tipp 3: Neubewertung der angstauslösenden Situationen
Einigen Menschen hilft es, die Situationen, die Angst bei ihnen auslösen, neu zu bewerten (Stichwort: Reframing). So wird aus der angsteinflößenden Prüfungssituation eine Möglichkeit, dass eigene Wissen zu zeigen. Das Lampenfieber vor einem wichtigen Vortrag wird als Vorfreude des eigenen Körpers umgedeutet.
Probiere das für dich aus und schau, ob sich dieser Tipp richtig für dich anfühlt. Wenn nicht, dann gehörst du zu den Menschen, denen die Neubewertung in der eigentlichen Situation nicht wirklich etwas bringt. Du konzentrierst dich dann einfach auf die anderen Tipps.
Tipp 4: Balance und Bewegung
Juhu! Wir haben einen weiteren Grund, um uns zu bewegen und einen ausgeglichenen Lebensstil zu pflegen 🎉 Es ist leichter unsere Ängste zu überwinden, wenn wir uns bewegen und auf unsere mentale Gesundheit achten.
Sport und Bewegung in jeglicher Form helfen vor allem gegen die körperlichen Angst-Reaktionen wie beispielsweise angespannt sein und Herzrasen.
Ein mentaler Ausgleich durch Meditationen, Atemtechniken und Stressmanagement sorgen für mehr Gelassenheit und führen zu „objektiveren“ Bewertungen der angstauslösenden Situationen, so dass wir schneller wieder in die Entspannung zurückkehren können. Hilfreich ist dabei Selbstakzeptanz oder -liebe zu lernen. Wie das funktioniert, ist in diesem Blogartikel beschrieben.
Bonus: Die Angst vorm Scheitern ablegen
In den Trainings und Coachings, die hier bei Confident You angeboten werden, fragen Teilnehmende im Bezug auf das Thema Angst vor allem, wie sie die Angst vorm Scheitern ablegen können.
Natürlich gelten auch hier die vier Tipps:
- Die Angst verstehen
- Uns der Angst stellen
- Neubewertung der angstauslösenden Situation
- Balance und Bewegung
Darüber hinaus ist es spannend für sich selbst zu überprüfen, ab wann wir etwas als gescheitert einstufen. Ein dysfunktionaler Perfektionismus kann uns dort einen Strich durch die Rechnung machen und dafür sorgen, dass wir nicht ins Handeln kommen, weil wir kleine Erfolge nicht als solche bewerten.
>> Hier geht’s zum Blogartikel: Perfektionismus ablegen – 5 Tipps
Darüber hinaus ist es immer sinnvoll an seinem Selbstwert zu arbeiten und zu verstehen, von was dieser abhängt – oder eben auch nicht abhängen brauch. So wird das Scheitern als weniger gravierend angesehen und die Angst davor kleiner.
Zu guter Letzt hilft es ein Unterstützungssystem aus Freund:innen, Familie oder ggf. auch Mentor:inen, Coach:innen und Therapeut:innen aufzubauen. Mit diesen Vertrauenspersonen kann über die eigenen Ängste gesprochen werden. Durch ihre Erfahrungswerte oder fachkundige Hilfe fühlen wir uns mit unseren Problemen gesehen und bekommen darüber hinaus praktische Tipps für unsere jeweilige Situation.